Kooperationsverbot bremst Bildung

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IM WORTLAUT- linksfraktion.de | Von Rosemarie Hein, Sprecherin für Allgemeine Bildungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Das deutsche Bildungssystem steht unter Druck. Die Bildungsversprechen der Bundesregierung blieben bislang zu einem erheblichen Teil unerfüllt. Vor allem gelingt es kaum, die hohe Abhängigkeit des Bildungserfolges vom sozialen Hintergrund der Lernenden zu beenden. Gleichzeitig kommen neue Herausforderungen hinzu und die Erwartungen an das Bildungssystem steigen immer mehr. Auch wenn wir finden, dass die immer stärkere Fokussierung der Bildungserwartungen auf die Anforderungen aus der Wirtschaft und die Ausrichtung öffentlicher Bildung an der Marktfähigkeit der falsche Ansatz ist, gibt es einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens für wichtige Bildungsaufgaben.

Dazu gehören:

  • der Abbau der sozialen Spaltung im gesamten Bildungswesen;
  • die Digitalisierung in der Gesellschaft und die Erfordernisse für digitale Bildung und Medienkompetenz;
  • der Ausbau und die Sicherung von Schulsozialarbeit an allen Schulen;
  • die Notwendigkeit von interkultureller Bildung;
  • die Herausforderungen durch die Gewährleistung des Rechts auf Bildung auch für Geflüchtete;
  • die Umsetzung von inklusiver Bildung und die dafür erforderliche finanzielle und personelle Ausstattung;
  • die qualitative Verbesserung und der quantitative Ausbau von Studienplätzen, insbesondere auch für Lehrkräfte, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen;
  • die Sicherung von ausreichend Ausbildungsplätzen in der dualen Berufsausbildung auch für Geflüchtete und in den Gesundheits- und Pflegeberufen;
  • der Bau und die Sanierung von Bildungseinrichtungen sowie
  • die Ausstattung mit modernen Lehr- und Lernmitteln.

Angesichts der Größe der Aufgaben kann und darf sich der Bund seiner Verantwortung für das gesamte Bildungssystem nicht mehr entziehen. Die Zeit, in der die Verantwortung fröhlich hin und hergeschoben wurde, muss endlich vorbei sein. Darum ist die Forderung der LINKEN richtig, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern vollständig aufzuheben und die Substanz des Bildungssystems gemeinsam zu erhalten und zu verbessern. Bund, Ländern und Kommunen stehen in der gemeinsamen Verantwortung für mehr Geld und deutlich bessere Bedingungen für die Bildung. Das gelingt auch, ohne dass die föderale Verantwortung der Länder in Frage gestellt wird.

Die Herausforderung, die Flüchtlingssituation zu meistern, stellt auch eine Chance für das deutsche Bildungssystem dar. Kitas, Schulen und außerschulische Lernorte müssen sich interkulturell öffnen, um Werte und kulturelle Identitäten zu fördern, vermitteln und zu entwickeln. Dazu gehört auch, dass Pädagogen und Erzieher mit Migrationshintergrund schnell als anerkannte Fachkräfte in unser Bildungssystem aufgenommen werden. Dadurch kann Schule, kann Bildung insgesamt gewinnen und besser werden. Wie in nordischen Bildungsländern muss es auch in Deutschland zur Regel werden, dass die 'besten Lehrer an den schwierigsten Schulen unterrichten. Diese Arbeit muss stärkere Wertschätzung erfahren. Wir brauchen gute Kitas, gute Schulen und außerschulische Lernorte für alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

Zusätzlich zu den ohnehin fehlenden Lehrkräften müssen deutlich mehr pädagogische Fachkräfte in Kitas, Schulen und Ausbildung eingestellt werden. Ihre Arbeit muss insgesamt eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung erhalten. Schulen und Kindertageseinrichtungen müssen saniert und neu gebaut werden, um allen ca. 18,5 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren, darunter etwa 400.000 geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die in diesem Jahr nach Deutschland gekommen sind, gute Bedingungen für das Aufwachsen und Lernen zu ermöglichen. Viele von ihnen werden bleiben, neue in den nächsten Jahren hinzukommen. Dafür brauchen wir mehr, nicht weniger Schulen und Kitas, mehr und nicht weniger Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal. Es geht insgesamt um eine bessere Bildungsinfrastruktur für alle. Das 2006 verschärfte Kooperationsverbot wirkt immer stärker als Bremse bei der Entwicklung des Bildungssystems. Seine Aufhebung und Ersetzung durch eine Gemeinschaftsaufgabe ist dringend geboten.

Antrag: Kooperationsverbot in der Bildung aufheben (PDF)