Rede zu Protokoll zum Antrag der Koalition:

 "Initiative zur Stärkung der Exzellenz in der Lehrerausbildung"

Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag zur Verbesserung der Lehrerausbildung auf den Weg gebracht. Es ist erfreulich, dass sie die Bedeutung einer guten Lehrerausbildung für eine gute Schule und gute Bildungsabschlüsse von Lernenden begreifen, und es ist erfreulich, dass sie zu der Einsicht gekommen sind, dass es nicht reicht, diese Aufgabe den Ländern allein zu überlassen. Immerhin wurde der vor ziemlich genau zwei Jahren eingebrachte Antrag der Fraktion Die Linke für ein Fachkräfteprogramm Bildung und Erziehung noch mit dem Verweis auf den Hochschulpakt und die Zuständigkeit der Länder abgelehnt. Man sah keinen Handlungsbedarf.

Das scheint sich nun geändert zu haben, und das ist ein ermutigendes Zeichen. Dass mehr als die Hälfte der Lehrerinnen und Lehrer heute älter als fünfzig Jahre sind und damit ihr Verbleib im Schuldienst endlich ist, war allerdings schon damals bekannt. Nun fällt der Koalition auf, dass trotz des Hochschulpakts zu wenige Lehrerinnen und Lehrer nachwachsen, denn nur 27 Prozent sind insgesamt unter 40 Jahre alt. Auch das ist für
die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen keine Neuigkeit, sehen sie es doch jeden Tag in der eigenen Schule.

Auf der anderen Seite wurde auch von der Seite der Politik in den letzten Jahren zu wenig getan, die Anerkennung des Lehrerberufes zu verbessern. So geht immer noch das Sprichwort herum, dass Lehrer vormittags Unterricht und nachmittags frei hätten. Abfällige Äußerungen über Lehrerinnen und Lehrer wie die eines uns allen gut bekannten ehemaligen Ministerpräsidenten  eines Bundeslandes haben dabei offensichtlich nachhaltige Wirkungen hinterlassen.

Vielleicht reagiert die Koalition ja auch erst, wenn sich die Wirtschaft in Bildungsangelegenheiten zu Wort meldet:

So hat eine Studie des Allensbach-Instituts im Auftrag der deutschen Wirtschaft jüngst herausgefunden, dass sich zwar die Anerkennung des Lehrerberufes in den letzten Jahren geändert hat, dass aber die Anziehungskraft des Lehramtsberufes nach wie vor gering ist. Darum wundert es nicht, dass zu wenige Studierende mit der Absicht ein Studium beginnen, am Ende Lehrerin oder Lehrer zu werden. Und wenn schon, dann doch eher für Grundschulen oder besser noch Gymnasien, aber keinesfalls für Hauptschulen oder zusammengefasste Haupt- und Realschulen, die es nun in irgendeiner Weise in den meisten Bundesländern geben wird.

Zu meiner Zeit als Landespolitikerin konnte man die Studierenden eines Jahrgangs für ein Lehramt an Sekundarschulen an einer Hand abzählen. Das hat sich noch nicht wesentlich verbessert.
Ein Grund ist sicher auch, dass die Länder über viele Jahre hinweg eine verfehlte Einstellungspolitik praktiziert haben, weshalb vor allem im Osten ausgebildete
Lehrerinnen und Lehrer verstärkt in die finanzstärkeren Westländer gegangen sind, seit die Länder auch die Hoheit über die Besoldung von Lehrkräften in eigener Regie regeln.

Tatsächlich gibt es inzwischen zwar eine größere Anerkennung der Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern, aber an der problematischen Arbeitssituation in den Schulen hat sich nichts zum Positiven gewendet, im Gegenteil. Lehrerinnen und Lehrer werden mit immer mehr
Vorschriften, Programmen, abzurechnenden Verpflichtungen überhäuft, sodass für das Kerngeschäft Unterricht zu wenig Zeit bleibt.
Auf der anderen Seite haben die Hochschulen zu wenig getan, um die Qualität der Lehrerausbildung zu befördern und mit der Einführung des Bachelor-Master- Systems ist die berufliche Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern noch unübersichtlicher geworden, wurden die Bildungswissenschaften vernachlässigt usw.
Es gibt also allen Grund, etwas für die Lehrerausbildung zu tun, zumal dieser Ausbildungsbereich für Hochschulen nicht drittmittelfähig ist und damit kein Geld bringt.

Doch was fällt der Koalition ein? Sie beschließt: „Wir machen einen Wettbewerb.“ „Wer bildet die besten Lehrerinnen und Lehrer aus?“ Das soll es richten. Die am besten ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer werden dann mit Kusshand von den Ländern aufgenommen, die am besten bezahlen können. So ist das halt in einer vom Wettbewerb geprägten Gesellschaft, und warum soll es in der Schule anders sein? Länder, die ärmer sind, können sich dann die Lehrkräfte leisten, deren Ausbildung eben noch nicht so gut war. Was ja nicht an ihrer persönlichen Eignung liegen muss, sondern vielleicht an der Kurzsichtigkeit oder auch nur der Unterfinanzierung von Hochschulen. Die Lehrenden und die Lernenden in den Ländern, die nicht die am besten ausgebildeten Lehrkräfte abbekommen, sind erneut die Gelackmeierten.

Die Koalition behauptet in ihrem Antrag, dass die unterschiedliche Unterrichtsqualität von den unterschiedlichen Unterrichtsmustern abhänge. Was immer sie darunter versteht, es erklärt nicht den Hang zum Wettbewerbsföderalismus als Heilmittel für die Mängel in der
Lehrerausbildung in Qualität und Quantität in der Fläche und in den Bildungsergebnissen in Deutschland. Ein solcher Wettbewerb führt auch nicht zur Verringerung der hohen Zahlen von Schulabgängerinnen und Schulabgängern ohne Abschluss, die heute in zahlreichen Bundes- und Landesprogrammen wenigstens teilweise aufgefangen werden. Es führt dazu, dass die Schere weiter aufgeht, ganze Generationen von Lehrenden und Lernenden abgehängt werden, dass die wirtschaftliche und soziale Lage zwischen den Bundesländern weiter auseinanderdriftet. So kann man das richtig erkannte Problem nicht lösen.

Eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen den Bundesländern und Regionen und gleiche Teilhabe in der Bildung wird sich so ebenso wenig herstellen lassen wie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Schulen außerhalb der Gymnasien.

Was von dem Antrag der Koalition bleibt, ist neben der Einsicht, dass es in der Lehrerausbildung ein Problem gibt, aus dem sich der Bund nicht herausmogeln kann, die Erkenntnis, dass der alte biblische Spruch „Wer hat, dem wird gegeben“ für die Koalition immer noch politischer Leitfaden ist.

Der Bund hat eine gesamtstaatliche Verantwortung, auch im Bildungsbereich. Sonst könnte man den Art. 7 auch gleich aus dem Grundgesetz entfernen, nach dem das Schulwesen unter der Aufsicht des Staates steht. Der Bund muss, gemeinsam mit den Ländern auch gesamtstaatlich handeln. Wenn das Kooperationsverbot in der Bildung dabei hinderlich ist, dann muss es weg.