Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung

Rosemarie HeinBundestagKulturelle BildungAllgemeine Bildung

20.10.2016 – REDE IM BUNDESTAG | Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es gibt selten Grund, die Bundesregierung zu loben. Mit dem Programm „Kultur macht stark“ fließen jährlich immerhin 50 Millionen Euro – sogar etwas mehr – in die kulturelle Bildung. Das gab es tatsächlich noch nie.

Wenn ich heute in meinem Wahlkreis nach diesem Programm frage, höre ich, dass es den meisten Vereinen bekannt ist. Fast überall laufen ein oder zwei Projekte, die dadurch gefördert werden. Auch dass mein Bundesland Sachsen-Anhalt eine Servicestelle für die Begleitung eingerichtet hat, hilft dabei sehr. Ja, das Programm ist ein voller Erfolg. Das ist es aber vor allen Dingen deshalb, weil die Vereine und Verbände viel Initiative und viel Kreativität an den Tag gelegt haben, was dazu führte, dass einige Kinderkrankheiten, die es am Anfang hatte, überwunden wurden. Es ist gut, dass trotz der Orientierung vor allem auf benachteiligte Kinder und Jugendliche ein im besten Sinne des Wortes inklusiver Ansatz gefunden worden ist. Auch Sie, Frau Lücking-Michel, stellten eben fest: Das Programm ist für alle offen. Niemand wird ausgeschlossen. Alle können teilnehmen. Die Teilnehmenden werden damit auch nicht als arm oder benachteiligt stigmatisiert.

Auch das allerdings ist vor allem den Programmpartnern vor Ort zu danken. Kulturelle Bildung – da sind wir uns in diesem Hause alle einig – fördert die Persönlichkeit junger Menschen in ganz besonderer Weise. Und zu allem Überfluss macht das auch noch Spaß. Man erreicht unkompliziert ganz viele Kinder und Jugendliche. Darum haben die Verbände schon lange angeregt, dass die Fortführung über das Jahr 2017 hinaus gesichert werden soll. Das Programm sollte dann nämlich eigentlich auslaufen. Die Bundesregierung hat sich zunächst geziert, eine solche Zusage zu machen. Darum haben wir einen Antrag gestellt und im Ausschuss ein öffentliches Fachgespräch erwirkt, das auch stattgefunden hat – gemeinsam mit dem Kulturausschuss. Das hat offensichtlich geholfen. Die Verbände haben mit allen Fraktionen gesprochen.

Die Bundesregierung hat inzwischen eine Fortführung des Programms in Aussicht gestellt, und die Koalitionsfraktionen haben heute ebendiesen Antrag vorgelegt. Auch wenn der Antrag der Koalition nicht so weit geht wie unser Antrag, kann man sagen: Sie haben dazugelernt.

So finden wir in Ihrem Antrag die Absicht, das Programm langfristig zu verstetigen. Immerhin hätten wir damit so etwas Ähnliches wie auf der MINT-Seite auch einmal bei der Kultur. Das wäre sehr schön und auch gut. Sie wollen die Verwaltungskostenpauschale prüfen. Ich habe gehört, dass Sie sie erhöhen wollen. Auch das finden wir richtig und gut. Wir finden es auch richtig, dass die Zahl der Servicestellen in den Ländern erhöht werden soll, obwohl wir das nicht verordnen können; das müssen die Länder selbst entscheiden. Dies und einiges mehr begrüßen wir. Es gibt aber auch ein paar Bedenklichkeiten. So will die Koalition Kitas zwar in die Projekte einbeziehen, Schulen aber nicht. Der Kitabesuch sei ja freiwillig und nicht verpflichtend, heißt es. Ich finde, diese Art Abgrenzung ist realitätsfern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Auch Sie fordern doch, dass sich Schulen in die Gesellschaft öffnen. Auch Sie wollen doch, dass Schulen mit Vereinen und Verbänden Angebote zum Beispiel für eine Nachmittagsbetreuung machen. Natürlich dürfen sie nicht in den Unterricht. Natürlich dürfen die Programme nicht Unterricht ersetzen. Aber außerunterrichtliche Angebote sind ebenfalls freiwillig, nicht nur außerschulische. Sie sollten darüber vielleicht noch einmal nachdenken und Ihre Scheuklappen abnehmen. Kritisch betrachten wir auch den allzu häufigen Verweis auf das Ehrenamt in Ihrem Antrag. So wichtig ehrenamtliches Engagement für das Gelingen dieses Programmes ist: Es darf nicht dazu führen, dass man sich nur auf das Ehrenamt verlässt und nur das Ehrenamt entlastet. Auch die Vereine und die Programmpartner haben sehr deutlich gesagt, dass sie mit dem Maß an Verwaltungsarbeit, an Begleitung und Orientierung, die sie vor allen Dingen gegenüber den kleinen Trägern vor Ort erbringen müssen, zeitweise und teilweise überlastet sind. Manche haben sogar überlegt, ob sie das Ganze aufgeben. Das sollten wir versuchen zu verhindern. Über den Vorschlag, nun auch die Teilnahme zertifizieren zu lassen, müssen wir uns noch einmal unterhalten. Das kann gut sein; das kann aber auch zu mehr Bürokratie führen. Aber vor allem muss auch das bezahlt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, es gibt erfreulicherweise viele Übereinstimmungen zwischen unserem Antrag und Ihrem. Die Unterschiede bestehen nicht im Grundsatz. Darum ist es für mich, ehrlich gesagt, ein Ausdruck politischer Kleingeisterei, dass Sie gestern unseren Antrag im Ausschuss abgelehnt haben und das wahrscheinlich heute hier wieder tun werden. Ich verspreche Ihnen: Wir werden nicht so kleingeistig handeln.

Allerdings fragen wir uns schon, warum Sie gerade jetzt diesen Antrag stellen und die Bundesregierung auffordern, die Laufzeit des Programms zu verlängern. Trauen Sie Ihrer Regierung nicht? Befürchten Sie, dass die zahlreichen Anregungen und Verbesserungen von ihr nicht berücksichtigt werden, oder befürchten Sie sogar ein abgespecktes Programm? Das würde sicherlich begründen, warum Sie mit Ihrem Antrag hier heute Pflöcke einschlagen wollen. Wenn das nötig ist, wollen wir Sie gerne unterstützen und stimmen diesem Antrag zu.