Mehr Investitionen in Bildung sehen anders aus

REDE IM BUNDESTAG „Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, in dieser Woche waren wir Gäste bei der Eröffnung Ihres neuen Gebäudes, eines sehr schönen Gebäudes. Nach den Reden konnten wir ein Kunstwerk bestaunen, das an der Treppe präsentiert wurde. Aus dem Treppengeländer stieg weißer Rauch auf. Weißer Rauch gilt als Zeichen dafür, dass ein Problem gelöst worden ist. Doch für weißen Rauch gibt es in diesem Haushalt, finde ich, keinen Grund.

Ja, der Haushalt für Bildung und Forschung steigt insgesamt um etwa 1,2 Milliarden Euro. Aber mehr als die Hälfte davon entfällt auf die Übernahme der BAföG-Ausgaben durch den Bund. Zudem enthält der Einzelplan 30 eine saftige globale Minderausgabe von immerhin 478 Millionen Euro. Globale Minderausgaben bringt man immer dann aus, wenn man sparen muss, sich aber nicht entscheiden kann, wo. Damit stehen wichtige Vorhaben theoretisch auf einer potenziellen Kürzungsliste. Niemand weiß, wo gekürzt wird. Ich nenne das eine Luftnummer. Nur ist noch nicht klar, wo der Ballon platzt.

Nun kommt es: Wenn man jetzt die zusätzlich übernommenen BAföG-Mittel und die globale Minderausgabe addiert, dann kommt eine Summe von etwas mehr als 1,2 Milliarden Euro heraus, also ziemlich genau das, was Sie als Erhöhung verbuchen wollen. Ein Mehr für Bildung sieht aber anders aus.

Statt kräftig in die Bildung zu investieren, haben Sie eigentlich nur die globale Minderausgabe erhöht.

Nun haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass im Zuge der Haushaltsverhandlungen noch einmal umverteilt wurde: 8 Millionen Euro streichen Sie beim Deutschlandstipendium, anderswo kommen 3 Millionen Euro dazu, dort 2 Millionen, da 6 Millionen ‑ immer schöne runde Summen. So richtig weiß man nicht, wie sich die runden Summen ergeben. So fülle ich immer meine Weihnachtstüten, wenn am Ende noch Süßigkeiten übrig sind.

Das hat doch nichts mit einer sinnvollen und bewussten Prioritätensetzung zu tun. Mir erschließt sich das nicht.

Nun erwarten Sie sicher, dass die Länder das beim BAföG eingesparte Geld in die Bildung stecken; aber Sie können es eben nicht mehr beeinflussen, weil Sie in vielen Bildungsfragen nichts zu melden haben.

Im Gegenzug bleiben aber wichtige Bildungsaufgaben des Bundes auf der Strecke. So wird zum Beispiel trotz steigender Bedarfe weniger für die Aufstiegsfortbildung eingeplant. Das ist ein Rechtsanspruch, wird mir Kollege Rossmann gleich wieder vorhalten.

Doch wenn man das Geld, das man hier braucht und auch ausgeben will, gar nicht einplant, dann muss man es erwirtschaften, und das über andere Haushaltstitel. Das führt wiederum zu einer Erhöhung der globalen Minderausgabe, weil das Geld ja irgendwo herkommen muss. Es ist also eine versteckte Minderausgabe. Das ist weder transparent noch seriös.

Nehmen wir den Bereich der Berufsorientierung. Da stocken Sie nun zwar die Mittel auf; doch die zusätzlichen 100 Euro für Schüler an Förderschulen mit besonderem Förderbedarf sollen gänzlich aus einem Berufsorientierungsprogramm, das Sie zurzeit überarbeiten, gestrichen werden. Bezeichnend ist die Begründung, die ich auf meine schriftliche Einzelfrage hin vom Staatssekretär Müller erhielt: Künftig sollten die Schüler mit besonderem Förderbedarf nicht mehr in Förderschulen unterrichtet werden, sondern in Regelschulen, also inklusiv; da brauche man die Förderung nicht mehr.

Nein, das ist nicht die Idee der Inklusion. Da müssen Sie sich einfach mal kundig machen. Aber wenn Sie so über die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung reden, dann wundert mich nicht, dass wir bei der inklusiven Bildung nicht weiterkommen.

Sie meinen, dass der Koalitionsvertrag die Leitlinie für das eigene Handeln ist. Aber was wird zum Beispiel aus der Ausbildungsgarantie? Sie ist mit keiner einzigen belastbaren Zahl im Haushalt verankert. Oder was ist mit der digitalen Bildung? Was haben Sie unternommen, um mit den Ländern irgendetwas zu vereinbaren? Wie wollen Sie bei Lernmittelfreiheit die digitalen Lernmittel finanzieren? ‑ Wenn Sie etwas gemeinsam mit den Ländern machen, gehe ich doch davon aus, dass der Bund da auch Geld reinsteckt; aber ich finde nichts.

Also ist das alles nur heiße Luft mit Zwiebackstaub; das hätte zumindest meine Oma dazu gesagt.

Nein, Ihr Haushalt ist wahrlich kein Grund, zu jubeln und weißen Rauch aufsteigen zu lassen. Sie müssen jetzt schauen, wo die 478 Millionen Euro herkommen sollen. Ich will Ihnen zwei Vorschläge machen ‑ zumindest ein bisschen könnten Sie damit einsparen ‑: Verzichten Sie doch auf den Export der hochradioaktiven Brennelemente in die USA!

Nehmen Sie dazu einfach unseren Änderungsantrag an. Streichen Sie das Deutschlandstipendium ganz!

Wenn man es zusammenrechnet, kommt man auf eine Ersparnis von etwas mehr als 100 Millionen Euro. Ich finde, das ist ein guter Anfang.

Vielen Dank.“