Kooperationsverbot in der Bildung unverzüglich aufheben

Vier Jahre ist es her, dass mit der Föderalismusreform die Kooperation und damit die gemeinsame Finanzierungsverantwortung von Bund und Ländern im Bereich der Bildung unmöglich gemacht wurde.

Heute findet man kaum noch jemanden, der diesen Schritt von damals verteidigt.

Vier Jahre ist es her, dass mit der Föderalismusreform die Kooperation und damit die gemeinsame Finanzierungsverantwortung von Bund und Ländern im Bereich der Bildung unmöglich gemacht wurde.

Heute findet man kaum noch jemanden, der diesen Schritt von damals verteidigt.

Hätte man bei der Anhörung im Bundestag genau hingehört, wäre das Kooperationsverbot wohl nicht verhängt worden.

Dort erklärten mehrere Sachverständige in großer Deutlichkeit, dass sie diesen Schritt für einen Fehler halten. So hob der Föderalismusexperte Prof. Dr. Schneider vom Deutschen Föderalismusinstitut Hannover hervor, dass sich – ich zitiere aus dem Protokoll der Anhörung im Deutschen Bundestag –  „… das Erziehungs- und Bildungswesen am allerwenigsten zu einer strikten Trennung von Bundes- und Landeskompetenzen (eigne).“

Damals bestanden vor allem die Bundesländer darauf, die alleinige Verantwortung auf dem Gebiet der Bildung übernehmen zu wollen.

Heute hört man in Ost wie West Forderungen nach mehr Einheitlichkeit im Bildungswesen und es scheint so etwas wie eine Gegenbewegung zu geben.

Inzwischen sind sich alle Parteien einig, dass Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein muss. Wir als LINKE sprechen von einer Gemeinschaftsaufgabe und verstehen darunter die gemeinsame Verantwortung der öffentlichen Hand auf allen Ebenen.

Doch heute darf der Bund sich grundsätzlich nicht mehr an den Investitionen in den Bau von Schulen beteiligen und so erfinden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien fleißig Programme, mit denen dieses Verbot der Zusammenarbeit und gemeinsamen Verantwortungsübernahme diskret unterlaufen werden kann. Ohne dies wären auch die lokalen Bildungsbündnisse nicht zu fördern. Von „Bildungspartnerschaften“ ist dann die Rede und von „Sicherung der Nachhaltigkeit“ früherer Programme. Aber eigentlich geht auch das alles nach dem Grundgesetz nicht. Darum musste erst das Grundgesetz in der Föderalismusreform II geändert werden, sodass wenigstens in Katastrophenfällen geholfen werden kann. Sonst hätten Schulen und Kultureinrichtungen vom Konjunkturpaket II gar nicht profitieren können.

Tatsächlich leistet der Bund für das Ziel, künftig 7 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildung auszugeben, nicht viel. Der Bildungsanteil in den Länderhaushalten beträgt im Durchschnitt heute bereits mehr als 32%, der in den Kommunen dürfte, je nach Berechnung, bei 20% liegen. Der Bildungsanteil im Bundeshaushalt liegt deutlich unter 5%.

Dabei formuliert der Bund ständig Erwartungen und setzt sogar gesetzliche Rahmen, die Konsequenzen für bildungspolitische Entwicklungen haben müssten: Die Erwartung, die starke Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft zu mindern, die UN-Konvention über inklusive Bildung umzusetzen und einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung zu verwirklichen.

Die Maßnahmen dazu reichen zwar längst nicht aus, sind aber schon jetzt auf allen Ebenen unterfinanziert.

Das Ganztagsschulprogramm wurde initiiert, um ein flächendeckendes Ganztagsschulangebot zu entwickeln. Das Ziel ist richtig. Aber das vom Bund bezuschusste Bauprogramm war nur der Startschuss und löste bei den Ländern und Kommunen massive Folgekosten aus. Ganztagsschulen müssen nicht nur unterhalten, sondern auch mit Leben gefüllt werden. Dazu gehört nicht nur die dauerhafte materielle Ausstattung der Schulen, sondern auch die Bezahlung von Lehrkräften und anderem pädagogischen Personal. Es geht um die Sicherung der inhaltlichen Qualität des Ganztagsschulbetriebs. Dafür aber reichen Bauprogramme nicht aus.

Oder nehmen wir den frühkindlichen Bereich: Hier hat die Bundesregierung sogar einen Rechtsanspruch festgeschrieben. Auch das ist richtig, wenngleich nur halbherzig, weil kein Ganztagsanspruch formuliert wurde. Dass aber für frühkindliche Bildung mehr als gut aufgeschriebene Programme nötig sind, nämlich massenhaft gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher, ist im Eifer der guten Tat untergegangen.

Nach den jüngsten Zahlen der Bundesregierung über den Ausbaustand fehlen schon für das Erreichen des angestrebten Ziels für die unter Dreijährigen bis 2013 noch immer 78 000 Erzieherinnen und Erzieher in der frühkindlichen Bildung.

Für den Ausbau der Kinderbetreuung ist von der Bundesregierung aber bis auf ein kleines Bauprogramm aus dem Jahre 2007 von 2,15 Mrd. Euro nichts geleistet worden. Für alle anderen Kosten sind die Länder und Kommunen zuständig. Nicht umsonst mehren sich heute die Klagen, dass die Aufgabe bis 2013 nicht zu schaffen ist. Alleine die Stadt Magdeburg, aus der ich komme, gibt über 49 Mio. Euro pro Jahr für Kinderbetreuung aus.

Wenn künftig Bildung als Gemeinschaftsaufgabe verstanden werden soll, muss auch der Bund seine Verantwortung nachkommen können, für mehr Vergleichbarkeit in der Bildung, für die Überwindung sozialer Ausgrenzung, für die Sicherung einer hohen Bildungsqualität und für eine gute Ausstattung der Bildungsinstitutionen.

Darum muss als erster Schritt das Kooperationsverbot fallen. Dafür soll unser Antrag den Aufschlag geben. Sie alle wissen, dass das Kooperationsverbot bildungspolitisch nicht zu begründen ist. Darum springen Sie einmal über Ihren Schatten. Stimmen Sie unserem Antrag einfach zu.

Mittelfristig muss man weiter gehen. Die Gemeinschaftsaufgabe Bildung ist im Interesse einer modernen Ausgestaltung des Föderalismus durch alle Bildungsbereiche hinweg neu zu definieren. Die Abteilung „Programmerfindung“ im BMBF kann dann künftig anderweitig beschäftig werden. Dazu aber bedarf es einer umfangreichen Debatte zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die heute begonnen werden muss.