Berufsbildungsgesetz verbessern!
09.03.2017 – REDE IM BUNDESTAG | Vielen Dank, Herr Präsident! - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider gehen jetzt die meisten jungen Leute auf den Tribünen. Das ist schade. Ich hatte gehofft, dass Sie diese Debatte noch miterleben können; denn um sie geht es eigentlich.
Seit einigen Jahren geben sich Delegationen aus vielen anderen Ländern bei uns die Klinke in die Hand, um sich über das duale Ausbildungssystem in Deutschland zu informieren. Die Bundesregierung hält es deshalb für einen Exportschlager. Auch in Deutschland gibt es viel Zustimmung zur dualen Ausbildung. Gerade darum bedarf es einer soliden Rechtsgrundlage - das ist das Berufsbildungsgesetz -, und dafür ist der Bund zuständig. Laut Koalitionsvereinbarung sollte in dieser Wahlperiode geprüft werden, ob es einen Veränderungsbedarf gibt.
Vor einem Jahr wurde ein Evaluationsbericht vorgelegt, und die Bundesregierung hat im Sommer des vergangenen Jahres erklärt, dass sie keinen Novellierungsbedarf sieht. Wir sehen ihn schon und finden uns dabei in guter Gesellschaft mit den Gewerkschaften und vor allem mit der DGB-Jugend, die Anwältin der betroffenen Auszubildenden ist.
Darum haben wir Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir wichtige Veränderungsbedarfe darlegen. Weil ich nicht viel Redezeit habe, will ich nur auf wenige Punkte eingehen. Die meisten Vorschläge betreffen die rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen für Auszubildende.
Erstens. Wir wollen eine Mindestausbildungsvergütung im Gesetz festschreiben. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat kürzlich die durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen für das Jahr 2016 veröffentlicht. Das sind im Monat 854 Euro brutto. Doch der Teufel steckt im Detail. Und deshalb ist es nicht nur so, dass wir im Westen immer höhere Ausbildungsvergütungen haben als im Osten, sondern wir haben auch ganz niedrige Ausbildungsvergütungen. Zum Beispiel im Fleischerhandwerk im Osten sind es 310 Euro. Das sind nur die tariflich festgelegten Vergütungen. Es gibt auch Ausbildungsvergütungen in Betrieben, die keine Tarifbindung haben, dort sieht es noch düsterer aus.
Zweitens. Ein ganzer Strauß Vorschläge zielt auf die Verbesserung der Ausbildungsqualität. Dazu hatten wir schon einmal einen Antrag im Bundestag. Wenn zum Beispiel Ausbildungspläne nicht existieren, Ausbilder gar nicht oder nur sehr selten zu den Auszubildenden kommen, Überstunden geleistet werden müssen oder nach der Berufsschule am gleichen Tag wieder gearbeitet werden soll, dann spricht das für Mängel in der Ausbildungsqualität, die behoben werden müssen.
Drittens. Ohne gute Berufsschulen gibt es kein duales Ausbildungssystem. Darum müssen die Berufsschulen dringend aufgewertet werden.
Das betrifft die Ausstattung der Schulen ebenso wie die Versorgung mit gut ausgebildeten Lehrkräften. Es ist auch nur angemessen, wenn die erreichten Lernergebnisse an den Berufsschulen auf den Kammerzeugnissen regelmäßig vermerkt werden. Sie sind ja Bestandteil der dualen Ausbildung. Aber zurzeit passiert das nur auf freiwilliger Basis. Dabei haben wir sehr wohl im Blick, dass Berufsschulen in der Landesverantwortung liegen, aber die duale Ausbildung kann nicht an Zuständigkeitsschranken - um einen Begriff von Tankred Schipanski zu nehmen - zwischen Ländern und Bund scheitern.
Viertens. Ich möchte noch erwähnen, dass die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Prüferinnen und Prüfer deutlich verbessert werden müssen. Hier wird im Evaluationsbericht sogar ein deutlicher Veränderungsbedarf festgestellt, aber die Bundesregierung fühlt sich trotzdem dafür nicht zuständig. Wir halten das für falsch. Prüferinnen und Prüfer arbeiten ehrenamtlich. Ich finde, sie brauchen für diese Aufgabe rechtlich abgesicherte Konditionen.
Darum müssen die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen genauso ins Berufsbildungsgesetz wie jene, die für andere Bereiche der Ausbildung gelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir finden: Wer die duale Ausbildung aufwerten will, der muss das Berufsbildungsgesetz besser machen. Wir wollen das. Machen Sie doch einfach mit.
Wenn Sie nämlich nicht mitmachen, dann können Sie sich eigentlich auch die vielen Krokodilstränen über die angeblich nicht vorhandene Attraktivität der dualen Ausbildung künftig schenken.
Vielen Dank.